Am 11.10.2011 veranstalteten die beiden Ortsvereine Horn- Lehesterdeich und Oberneuland eine öffentliche Veranstaltung zum Thema „Armut und Teilhabechancen in Bremen“.

Nach einem Einführungsreferat diskutierte unser Referent Rolf Prigge vom Institut IAW Bremen (Universität Bremen) fast 2 Stunden lang mit uns über die aktuelle Situation Bremens.


Für alle die nicht dabei waren, hier einige Auszüge aus dem Referat.

Übersicht:

1. Stadtpolitik im Kontext des Wettbewerbs der Großstädte und von gesellschaftlichen Krisen
2. Ungleiche Teilhabechancen – Zur Verteilung von Armut und Wohlstand in Bremen
3. Die Schlüsselrolle sozialer Stadt- und Stadtteilentwicklung für Teilhabe- und Verwirklichungschancen aller Bürger in einer Großstadt wie Bremen

Bremen und das Großstädtesystem: Drei Typen und Pfade der Entwicklung

a) Prekärer Wandel und Schrumpfung: West: Dortmund, Duisburg, Essen
Ost: Berlin, Leipzig, Dresden
b) Durchschnittliche Entwicklung: Köln, Hannover, Nürnberg, Bremen
c) Prosperität: Polarisierend: Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg
Ausgleichend: München, Stuttgart

Grundkonflikte der Stadtteilpolitik:

a) politisches Mehrebenen- System: EU, Bundespolitik, Bundesland, Städte
b) Grundkonflikt zwischen ökonomischen Wachstumsregime und sozialem Integrationsregime
c) fehlende förderliche Rahmenbedingungen zwischen beider Regime

Ungleiche Teilhabechancen – Zur Verteilung von Armut und Wohlstand in Bremen

– Einkommen (ohne Vermögen)
– Haushalte mit und ohne
– Migration
– Kumulierte Armutslagen

Einkommensanteile – „Reiche“ Stadtteile – „Arme“ Stadtteile:

„Reiche“: Borgfeld, Oberneuland, Bürgerpark- Schwachhausen, Radio Bremen, St. Magnus
„Arme“: Neue Vahr, Tenever, Blockdiek, Gröplingen, Ohlenhof, Sodenmatt, und weitere.

Verteilung Haushalte mit Kindern:

Viele Kinder: Borgfeld, Oberneuland, Tenever, Osterholz, Ahrbergen, Mahndorf, Blockdiek, Neue Vahr Nord, Kirchhuchting, Sodenmatt, Rekum, Blumenthal, Oslebshausen

Wenig Kinder: Lehe, Neu- Schwachhausen, Findorff- Bürgerweide, Altstadt, Alte Neustadt


Haushalte, Familien, (Kinder- )Armut

– 548.000 Einwohner in 300.000 Haushalten
– 150.000 Einpersonenhaushalte
– 52.000 Haushalte mit 82.000 Kinder unter 18 J. (15,6 %)
– 27.500 Kinder in Armut (33 %) / Armutsrisiko
– In 12 Ortsteilen leben 30- 40 %, in 4 Ortsteilen über 50 % der Kinder in Armut/Armutsrisiko
– 7 Ortsteile mit ca. 70 % Einpersonenhaushalten
– 13 Ortsteile mit ca. 30 % Einpersonenhaushalten

Soziale Stadtpolitik in Bremen – Die neue Programmfamilie

Sozialer Zusammenhalt und bessere Teilhabe als Politikschwerpunkt:

– Programm Kindeswohl
– Weiterentwicklung Wohnen in Nachbarschaft (WIN)
– Ausbau der Kindertagesbetreuung
– Bremer Schulentwicklungsplan (Ganztagsschule)
– Integrierte Stadtentwicklung – neues Leitbild für Bremen
– Mehr Demokratie und Verantwortung für die Stadtteile
– Sozialberichterstattung als Steuerungsunterstützung

Besondere Herausforderungen und Aufgaben der sozialen Stadtteilpolitik in Bremen

– Armutsgefährdungsquote: 21,1 % (Land 2010) (Kinder knapp 30 %)
– Arbeitslosenquote: 11,7 % (Land Aug. 2011) (davon 50 % Langzeit)
– Kindertagesbetreuung der 0 / 1- 3 jährige Kinder: Quote: 17,4 %, ganztags: 7,6 % (2010) – Ziel: 35 % bis 2013
– Kindertagesbetreuung der 3- 6 jährigen Kinder: Quote m. 6 Std. 41,3 %, ganztags 24,3 % (2010)
– Ganztagsangebot Grundschulen: 20 % der Kinder (2010).

Laut dem Referenten kann man feststellen, dass …

  1. die Menschen in den „reichen und die armen“ Stadtteile“ in Haushalten mit Kindern leben. Bei der „Mittelschicht“ nehmen Kinder stark ab.
  2. das Ganztagsangebot an Schulen weiter stark ausgebautt werden muss. Dortmund hat zum Vergleich eine Quote von 60%.
  3. Die Hälfte aller Haushalte sind Einpersonenhaushalte!
  4. Jedes 3. Kind lebt an oder unter der Armutsgrenze.
  5. Die Stadtteil sich immer stärker auseinander entwickeln.